In meinem Leben habe ich schon so einige Dinge miterlebt, oder gesehen, die mich echt auf die Palme gebracht haben. Ich bin, weiß Gott, sicher nicht Mutter Teresa - aber dazu stehe ich auch.
Nach der "Fukushima-Sache", hatte ich schon vor, mich schriftlich über diese tolle Sorte Mensch auszulassen, die - solange ein Ereignis Medienpräsenz genießt - ganz groß darin ist, Mitleid zu empfinden.
Eigentlich nicht weiter schlimm - immerhin ist es alles andere als schön, was so in unserer Welt passiert. Allerdings passieren schlimme Dinge täglich, in jeder Sekunde, auf jedem Fleckchen Erde, der von Menschen bewohnt wird.
Wie auch immer ... ich habe mich zusammengerissen und nichts geschrieben, sonst heißt es wieder, dass ich kleiner, ätzender Pessimist, wieder alles anprangern muss und an absolut nichts ein gutes Haar lassen kann. Manchmal ertrage ich die Feststellung von Tatsachen nicht so gut. ;-)
Heute ist allerdings so ein Tag, der mich in Richtung Blog geschubst hat.
Seit es das Social Network gibt, wird einem erst richtig bewusst, wie der Mensch so tickt. Wie er sich verhält, wenn er allein ist, wie sich sein Verhalten ändert, wenn er in Gruppen auftritt und wie beeinflussbar er ist - ganz nebenbei ist er auch (in den meisten Fällen) sehr darauf bedacht, gut dazustehen. Immer im rechten Licht präsentieren und immer zeigen, dass man durch und durch "gut" ist.
Sobald eine schreckliche Nachricht durch die Medien geistert, gibt es eine Bilder- und Meldungsflut in den sozialen Netzwerken - derzeit geht es um die Fußball Europameisterschaft in der Ukraine und die damit verbundene Massentiertötung durch fahrende Krematorien.
Es ist abartig und barbarisch, was dort passiert - niemand, der bei klarem Verstand ist, findet so etwas "ok". ... aber noch viel weniger ok finde ich die Menschen, die meinen, dass sie durch ständiges Posten von grauenhaften Bildern (Blutende, verstümmelte oder tote Hunde und Katzen) irgend etwas bewegen.
Die Leute gaffen. Sie gaffen diese schlimmen Fotos an und finden es ganz schrecklich. Ja toll ... und dann?
Nichts!
Ein Freund schrieb heute einen tollen Text bei Facebook, den ich euch nicht vorenthalten möchte. Er sagt damit genau das, was ich (und noch genügend andere) denken. Sagt man so etwas laut, gilt man allerdings gleich als kaltherzig. Nein, keine Sorge, wir sind nicht kaltherzig - wir werfen nur nicht mit unserer Empathie um uns, als wäre sie im Sonderangebot.
Andreas Effpunkt schrieb:
Es reicht.
Statt 50.000 mal irgendwelche Boykottaufrufe zur EM zu teilen (am besten noch mit entsprechenden Fotos), tut verdammt noch mal was, dass vielleicht effektiver sein könnte: Schreibt Massenmails mit Boykottdrohungen an die Sponsoren der EM, die Vereine, deren Spieler abgestellt werden (oder die Nationalspieler selbst auf deren FB-Profil bzw. Homepage), den DFB, die UEFA, oder die übertragenden Fernsehsender. Stellt euch mit entsprechenden Transparenten in die Stadien, statt hier immer und immer wieder denselben Kram zu teilen, den inzwischen wirklich jeder gesehen hat. Vom nochmaligen Teilen wird da auch keiner weiter sensibilisiert, eher genervt.
Und dann seid gefälligst auch konsequent: Seht euch wirklich keine Spiele an, kauft wirklich keine Sponsorenprodukte mehr. Und bitte auch nicht nur auf die EM bezogen. Anderswo werden auch massenhaft Hunde getötet. Also kauft auch keine in China produzierten Smartphones mehr, achtet bei euren PCs und einer Menge anderer Konsumgüter gefälligst darauf, wo sie herkommen. Ist natürlich anstrengender, als mal eben auf "Teilen" zu klicken. Und man müsste sich ja möglicherweise einschränken.
Oder ist das alles nur heiße Luft? So wie vor drei Jahren, als zu den Olympischen Spielen alle mit "Free Tibet" um sich warfen? Wie viele derer, die da zu Boykotten aufriefen, haben sich wohl selbst dran gehalten? Ich kann jetzt schon sehen, wie eine Menge Leute doch beim Public Viewing sein werden, wie sie weiter in gewissen Fastfood-Restaurants essen, die Autos und Drucker der Sponsoren kaufen. Aber für's Gewissen haben alle mal bei Facebook die entsprechenden Bilder und Aufrufe geteilt.
Es tat vorhin richtig gut, diesen Text zu lesen, denn der liebe Andreas hat es auf den Punkt gebracht.
Alle sind immer ganz schnell dabei, wenn es etwas zu gaffen gibt und das Geschrei und die Empörung darüber sind dann auch groß. Das Thema wird in der Luft zerrissen und bis zum geht-nicht-mehr ausgeschlachtet - aber geändert wird nichts - nie. Und das war schon immer so. Es fällt nur jetzt erst auf - verdammtes Internet. ;-)
Aber mal ehrlich ... was soll das und was versprechen sich die Menschen davon? Völlig egal, ob es um die Tiere in der Ukraine, Flutopfer in Thailand, hungernde Kinder in Afrika, Kriegsflüchtlinge, Opfer einer Kernschmelze, oder um ermordete/mißbrauchte/vergewaltigte Kinder oder Erwachsene geht - absolut alles wird zu Tode diskutiert, aber niemand hilft wirklich.
Man lebt sein Leben ganz normal weiter, kauft mehr Lebensmittel, als man essen kann und gibt Geld für unnötige Spielereien aus, obwohl man es auch für die Opfer von Katastrophe xy hätte spenden können, die einem vor 2h auf Facebook noch so leid taten. Aber wenn es an das liebe -eigene- Geld, oder Engagement geht, hagelt es Ausflüchte und Rechtfertigungen für die ausbleibende Hilfe.
Und nein, ich bin kein Miesepeter - ich habe nur was erlebt, dass mir einfach bewiesen hat, dass der Großteil der Gesellschaft nur Sprüche klopft.
Ich war einundzwanzig, bin am 11.11. mit zwei "real,-" Tüten, die ich mir in die Hüfte gestemmt hatte durch die dunkle Innenstadt gestapft und wollte nach hause.
Es war voll, es war nicht spät (gegen 17:00) und es gingen auch tatsächlich Leute an mir vorbei, als ich von hinten von einem jungen Mann überwältigt wurde, der meinte, dass er seine Triebe an mir ausleben müsse. Gesehen haben es viele, gehört sicher noch mehr, aber geholfen hat keine Sau. ...und zu Hause vor'm TV echauffiert man sich dann wieder ganz böse über die Vergewaltiger und Kinderschänder, wenn sie mal wieder in den Nachrichten auftauchen - pfui, echt!
Falsches Mitleid an dieser Stelle könnt ihr euch sparen. Netter wäre es, wenn ihr in Zukunft mal darüber nachdenkt, ob es nicht besser wäre, nur große Töne zu spucken, wenn man den Stier dann auch bei den Hörnern packt. Wenn ihr dazu nicht in der Lage seid, dann hört auf, euch über alles das Maul zu zerreißen, denn besser seid ihr sicher nicht, wenn ihr euer Luxusleben ungeniert weiterführt, während überall Elend in jeder erdenklichen Weise herrscht. Und behaltet bitte im Hinterkopf, dass es lächerlich ist, wenn ihr etwas nur so lange schrecklich findet, wie es in den Nachrichten ist.
Ich bin sicher nicht gefühlskalt - auch mich berühren solche Dinge, aber ich bin zu 100% damit ausgelastet, dass es mir, meinem Mann, meinen Kindern, dem Rest der Familie, Freunden und unseren Tieren gut geht - ich kann und will mich nicht noch um den Rest der Menschheit/Tierwelt (usw.) kümmern, denn dann müsste ich einen Teil von mir aufgeben und darunter leidet meine Familie - und die sollte IMMER an erster Stelle stehen. Das heißt nicht, dass man sich darauf ausruhen sollte, aber man kann halt auch mit kleinen Dingen helfen UND (!!!) man muss es nicht an die große Glocke hängen:
Hier mal 5€ spenden, da mal Futter ins Tierheim bringen und nen "Insassen" Gassi führen, Fleisch nur noch beim ortsansässigen Schlachter kaufen, Eier nur beim Bauern ums Eck. Werdet meinetwegen auch Vegetarier, wenn ihr meint, dass es den Nutztieren hilft, aber dann gibt's auch keinen "Veggie-Burger" bei [insert Fastfood Kette here], denn dann unterstützt ihr den Konzern ja trotzdem.
Man kann bei einem Tag der offenen Tür das diakonische Werk besuchen und mit behinderten Mitmenschen etwas basteln und sie damit zum Lachen bringen. Bei der Telefonseelsorge arbeiten und vielleicht die Suizidgedanken oder Ängste eines Menschen vertreiben. Altes Spielzeug und Kleidung zur Caritas oder zum roten Kreuz bringen. usw.
All das sind Beispiele, die für jeden von uns realisierbar sind. Für alles andere fehlen uns meist die Mittel, die Beziehungen oder die "mir doch egal, wenn ich deswegen im Knast lande" Einstellung.
Und mal ganz ehrlich - wenn man aufgrund des Elends der Welt auf alles verzichten will, nur um das eigene Gewissen zu beruhigen ... ...
Schnappt man sich nen Mörder, nen Vergewaltiger, und zieht mit ihnen nackt und ohne jegliche Art von Gepäck auf eine einsame Insel - erst dann dürfte das eigene Gewissen auch nur annähernd beruhigt sein. Denn dann hungert man, wie die Menschen der dritten Welt, hat keine schönen und überflüssigen Dinge, die einem das Leben versüßen, erlebt, wie es Opfern von sexueller Gewalt geht und wird danach gequält und getötet, wie ein Hund in der Ukraine.
Da das nie passieren wird; seht doch einfach zu, dass in eurem Umfeld alles gut ist und helft in dem Moment, wo ihr wirklich helfen könnt. Es ist nämlich irgendwie ziemlich beschissen, wenn man Mitgefühl zeigt und suggeriert, dass man helfen könnte - und dann passiert - wie immer - nichts.
Du hättest trotzdem meine Tippfehler korrigieren können^^ Ansonsten fühle ich mich etwas geehrt...danke!
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