Bei meiner Mama hatte ich es immer warm und kuschelig.
Ich konnte ganz viel mit meinen Geschwistern spielen.
Ich konnte ganz viel mit meinen Geschwistern spielen.
Hier ist es dunkel und ich bin allein...
Ein Mann hat mich meiner Mama weggenommen.
Ein Fremder nahm mich mit.
... und jetzt sitze ich hier...
...höre Hunde bellen...
...sehe sie aber nicht...
Ein Fremder nahm mich mit.
... und jetzt sitze ich hier...
...höre Hunde bellen...
...sehe sie aber nicht...
Es ist stickig hier drin... Durch die Holztür fällt ein wenig Licht. Ich stecke meine Nase durch den kleinen Schlitz; dort, wo ein Stück einer morschen Latte abgebrochen ist. Jetzt rieche ich auch ganz viele andere Hunde. Sie bellen aufgeregt. Einige haben Hunger und Durst ... und Angst - ich auch. Als die Sonne verschwunden ist, kommt jemand und öffnet die Tür ein wenig. Eine Schüssel wird auf den Boden gestellt. Als der Fremde weg ist, schnuppere ich vorsichtig an dem Inhalt der Metallschale; altes Brot, aufgeweicht in Wasser. Mamas Milch hat viel besser geschmeckt, aber ich habe großen Hunger...also esse ich alles auf.
So geht es eine ganze Weile, tagein, tagaus - bis mich der Fremde im Genick packt und vor die morsche Holztür setzt. Er redet mit jemandem und zeigt immer wieder auf mich. Ich habe keine Ahnung, was los ist. Als ich mich umsehe, entdecke ich noch mehr dieser morschen Holztüren ... und noch mehr Nasen, die sich durch Schlitze drücken.
Ihnen geht es nicht besser, als mir...
Am nächsten Tag sitze ich mit fünf anderen Hunden (sie sind alle älter, als ich) auf einer großen Wiese. Darf ich etwa toben? Erwartungsvoll blicke ich die anderen an, doch sie beachten mich nicht. Sie sind auf den Fremden fixiert und sehr aufgeregt. Was ist los? Eine ganze Weile laufen wir auf der Wiese umher. Der Fremde hat mir so ein komisches Ding um den Hals gelegt. Es zwickt. Ich mag es nicht und ich mag nicht, dass ich nicht einfach laufen kann. Er hält mich fest. Die anderen Hunde schnüffeln ganz aufgeregt und blicken immer wieder zu dem Mann, der mich am Toben hindert. Plötzlich lässt er sie alle los und keiner von ihnen nimmt noch Notiz von ihm. Vorn im Gras bewegt sich etwas. Pfeilschnell hüpft ein Kaninchen aus dem Gebüsch und rennt mit irrsinnigem Tempo über die Wiese. Meine Artgenossen jagen ihm nach. Alle sind blitzschnell und aufgeregt. Die große schwarze Hündin, die am kräftigsten ist, packt das Kaninchen schließlich und bringt es zu dem Mann mit den Zwickdingern. Er berührt sie kurz am Kopf - darüber freut sie sich. Die anderen Hunde sind noch ganz aus dem Häuschen - ich verstehe die Aufregung nicht. Das scheint auch der Fremde zu bemerken. Er sieht mich finster an...
Wir fahren nicht zu den morschen Holztüren ... also, die schwarze Hündin und noch drei andere schon, aber ich und der halbwüchsige, sandfarbene Rüde bleiben hier - sie fahren ohne uns weg...
Der Rüde leckt sich das Hinterbein und die Pfote. Er hat sich beim Laufen wohl weh getan. Ich gehe zu ihm und kuschel mich an ihn - es stört ihn nicht. Irgendwann schlafe ich ein...
Am Morgen habe ich großen Hunger. Hier will ich nicht bleiben, hier gibt es nichts zu essen. Ich gucke den Rüden fragend an. Vielleicht will er mitkommen?
Zusammen laufen wir ziellos durch die Gegend - mein Hunger wird immer größer und ich habe ganz doll Durst. Es ist schrecklich warm und es gibt kaum schattige Plätzchen.
Als die Sonne tief am Himmel steht, haben wir ein kleines Dorf erreicht. Die Menschen hier sehen uns zwar merkwürdig an, aber niemand kümmert sich um uns. An einer Straßenecke, neben einem Zaun, steht ein Eimer mit Regenwasser - wir trinken lange und viel.
Es dauert gar nicht lang und wir haben das ganze Dorf erkundet. Da gibt es ein Haus, wo sich viele Menschen treffen. Sie essen dort. Hinter diesem Haus stehen Tonnen. Die Menschen werfen ihr Essen dort hinein - ich weiß nicht, wieso. Wenn niemand hinsieht, holen wir uns das leckere Essen dort heraus.
Wir essen jetzt immer dort, aber wir müssen uns verstecken. Eine Frau hat etwas nach uns geworfen, als sie sah, wie wir in die Tonnen kletterten...
Viel Zeit ist vergangen...
Mein Begleiter hat bemerkt, dass ich mich verändert habe - so auch er.
Er mag mich jetzt noch lieber, als zuvor...
Die Nächte werden kälter und das Essen knapper. Wir müssen nun an anderen Orten suchen. Die Menschen haben "unsere" Tonnen verriegelt.
Auf der Suche nach Futter werden wir oft getreten, oder geprügelt. Überall scheucht man uns davon - es ist schrecklich.
Heute Abend haben wir scheinbar großes Glück! Da ist ein Hof und dort laufen Hühner umher. Wir wollen eins fangen. Mein Begleiter und ich buddeln ein Loch und schlüpfen unter dem Zaun hindurch, hinein in das Hühnergehege. Die gefiederten Tiere gackern ganz laut und wild, der Hahn kräht und als wir gerade zupacken wollen, erfüllt ein lauter Knall die Luft. Ich zucke zusammen, habe mich erschreckt - und dann sehe ich aus dem Augenwinkel, wie mein Begleiter in sich zusammensackt. Was ist los? Was ist mit ihm?
Es riecht nach Blut ... und Angst - Todesangt. Ich bekomme Panik. Noch ein Knall. Keine Zeit, ich habe Angst. Ich laufe weg, höre Stimmen hinter mir - wütende Menschen, noch ein Knall. Mein Begleiter jault auf. Ich weiß in diesem Moment, dass er nie wieder jaulen wird. Ich laufe und laufe...
Jetzt habe ich keinen Hunger mehr - ich habe einfach nur schreckliche Angst.
Jetzt habe ich keinen Hunger mehr - ich habe einfach nur schreckliche Angst.
Ein Zaun - ich springe hindurch; versuche es zumindest. Irgendetwas ist mit diesem Zaun, er hält mich fest, tut mir sehr weh. Ich blute...
Völlig erschöpft schleppe ich mich in eine schmale Straße. Ich weiß, dass dort ein alter Schuppen steht, in dem viele Katzen leben. Ich lege mich zu ihnen. Diesmal laufen sie nicht weg...
Ich bin allein. Allein und traurig. Er ist tot...
Warum haben die Menschen meinem Begleiter weh getan? ...
Es geht mir schlecht.
Mein Körper fühlt sich heiß an - tagelang.
Mein Körper fühlt sich heiß an - tagelang.
Als meine Welpen zur Welt kommen, habe ich mich erholt, aber es ist bitterkalt und das Futter wird immer knapper. Ich bin sehr dünn und es kostet mich sehr viel Kraft, meinen Nachwuchs zu versorgen.
Als ich eines morgens aufwache, sind meine Kleinen tot. Ich bin nicht sicher, ob ich ihnen nicht genug Milch geben konnte, oder ob die Kälte in ihre Knochen kroch...
Ich lecke sie trotzdem liebevoll ab und trauere still...
Die Sonne wärmt meinen Kopf...
Ich liege im Schuppen - wie jeden Tag. Doch seit einer Weile gehe ich gar nicht mehr hinaus. Es gibt kein Futter und ich habe nicht mehr genug Kraft, um fortzugehen von hier, also bleibe ich und strecke nur meinen Kopf ins Licht.
Mein Körper fühlt sich taub an. Der Hunger ist vergangen, aber der Durst ist quälend. Alle Knochen tun mir weh. Kaum noch Fleisch und Muskeln, die sie schützen...
Als ich mich frage, wie es wohl meiner Mama und meinen Geschwistern ergeht, liegt mein Kopf plötzlich im Schatten. Ich schnuppere... es ist ein Mensch!
Blanke Panik steigt in mir auf, doch ich bin zu schwach, um mich zu bewegen ... ich wimmere, ganz leise ... hebe die Lefzen. Es ist dem Mensch egal - er hebt mich vom Boden.
Ich liege in seinen Armen und habe Angst, so große Angst. Der Mensch redet mit mir - ganz ruhig. Das ist merkwürdig. Noch nie hat ein Mensch so mit mir geredet...
Nun kommt noch ein Mensch hinzu. Sie legen mich, eingewickelt in eine Decke, auf die Rückbank ihres Autos...dann fallen mir die Augen zu.
Als ich aufwache, tut mir alles weh. Da steckt etwas in meinem Bein. Etwas Flüssiges läuft in meinen Körper. Ich liege in einem Korb...es ist hell hier. Die Wände hier sind weiß und ich kann durch die Tür hindurchgucken. Menschen laufen dort und reden. Ich schlafe wieder ein...
Es sind ein paar Tage vergangen und mir geht es langsam besser. Die Menschen geben mir Essen und Trinken. Mein Schlafplatz ist warm und kuschelig - wie früher bei Mama.
Es irritiert mich, dass die Menschen gut zu mir sind. Wenn sie mein Essen bringen, reden sie leise mit mir und halten mir ihre Arme hin, damit ich an ihnen schnuppern kann.
Sie riechen gut, aber ich traue ihnen besser nicht...
Wochenlang war ich in diesem weißen Raum, doch nun, wo ich wieder aufstehen und laufen kann, wo meine Kräfte wieder zurück sind, lebe ich in einer tristen, grauen Zelle - wenigstens habe ich hier Gesellschaft. Die meisten Hunde sind nett, aber einige scheinen bisher ein schweres Leben gelebt zu haben. Sie sind irgendwie verrückt geworden und beißen panisch um sich, wenn man ihnen "Guten Tag" sagen will - ich lasse sie jetzt in Ruhe, weil ich nicht noch eine Bisswunde davontragen will...
Ich möchte nicht mehr hier sein...
Zwei Mal schon kam die kalte Zeit und ich sitze noch immer in diesem Grau. Ich möchte weg...
Ich denke an die Wiese und das Kaninchen...
Plötzlich öffnet der Futtermensch meine Zellentür und redet freudig mit mir. Er macht mir so ein Zwickdings um und zieht mich in den Gang - ich hasse das!
Einige Minuten später befinde ich mich in einem großen Auto. Ich habe Angst - die haben mich einfach in eine kleine Kiste gesteckt und mich in dieses Ungetüm verfrachtet!. Als ich mich umgucke, sehe ich noch mehr Kisten und einige ihrer Insassen kenne ich..
Das große Auto rumpelt los ... und rumpelt ... und rumpelt.
Ich muss mal, aber ich kann hier nicht raus. So lange fahren wir schon, aber wir halten einfach nicht an! Ich kann nicht mehr einhalten und obwohl ich es ganz doof finde, auf meinen Platz zu machen ... mache ich es einfach. Es tut gut - die Bauchschmerzen gehen weg...
Draußen ist es dunkel, die anderen Hunde bellen nicht mehr und endlich kommt das Ungetüm zum Stillstand.
Die große Tür wird geöffnet und Menschen beginnen, die Kisten zu öffnen, um die Hunde ins Freie zu tragen. Wir kommen hier also doch raus...
Zuletzt bin ich an der Reihe. Ein Mann trägt mich hinaus - ich kann kaum etwas sehen, also schnuppere ich ganz viel. Er redet mit jemandem und setzt mich auf dem Boden ab - vor die Füße einer Frau. Ich starre sie an und bewege mich nicht. Sie starrt mich auch an und geht in die Knie. Was will die? Ich sehe schnell weg. Vielleicht habe ich sie wütend gemacht... Hoffentlich tut sie mir jetzt nicht weh.
Ein leckerer Geruch kitzelt mich in der Nase. Er kommt von der Frau - nein, von dem, was sie in der Hand hat. Oh, es riecht verlockend! Soll ich es nehmen? Ich hab Hunger...
Ich nehme es. Speichel tropft mir aus der Schnauze ... das Leckerchen ist viel zu schnell aufgegessen. Als ich das feststelle, streckt die Frau mir noch eins dieser Dinger entgegen. Ich nehme es vorsichtig und schlucke es gierig hinunter - ich will mehr!
Bekomme ich auch und plötzlich sitze ich wieder in einer Box, diesmal in einem anderen Auto. Die Frau mit dem leckeren Futter ist dabei. Sie streichelt mein Hinterbein. Ich bin noch nicht sicher, wie ich das finden soll ... es fühlt sich eigentlich gut an.
Schon wieder ist die kalte Zeit gekommen, aber das stört mich nun nicht mehr. Ich liege auf dem Sofa. Draußen ist es dunkel, aber ich kann sehen, wie die Schneeflocken in der Luft tanzen. Jemand streichelt über meine Seite. Als ich meinen Kopf drehe, lächelt mich die Frau mit dem leckeren Futter an. Ich lebe jetzt bei ihr. Ich bekomme jetzt jeden Tag leckeres Futter und habe jeden Tag einen warmen Platz zum Schlafen. Sie geht mit mir spazieren und zeigt mir die Welt. Sie streichelt mich viel und hat mich lieb. Ich mag die Frau mit dem leckeren Futter...
Sie hat mein Leben schön gemacht...
Mir fehlen die Worte... *schluchz, schnief*
AntwortenLöschenLieben Gruß von ULLi